In der «Roten Zone»: Die Spitalreinigung in Pandemiezeiten
Wie schützen sich Reinigungsfachleute in der «Roten Zone»? Wie bewegen sie sich in mutmasslich kontaminierten Räumen? Anoixia Koutzmpi, stellvertretende Leiterin Reinigung, über Sondertouren im Spital Muri in Pandemiezeiten.
Sind Spitäler in Pandemiezeiten sauberer? «Tatsächlich reinigen wir seit Pandemiebeginn grossflächiger. Dann sind wir ja auch noch in der ‹Roten Zone› unterwegs, wo wir ein Vielfaches an Spezialreinigungsmitteln einsetzen», erklärt Frau Koutzmpi, die gemeinsam mit 26 Reinigungsmitarbeitenden (alles Frauen) für die Sauberkeit im ganzen Spital sorgt. Seit Beginn der Coronapandemie sind jeweils 10 spezialisierte Reinigungsfachpersonen für heiklere Bereiche eingeteilt.
Hierbei handelt es sich um neu definierte Zonen, Eingangsbereiche, Korridore und Schleusen für die Corona-Abklärungsstation, COVID-Station 3.3 und IPS. Frau Koutzmpi und ihre Kolleginnen wirken daher im aktuell sensibelsten örtlichen Brennpunkt, was Reinigungsvorschriften anbetrifft: als «total eingekleidete» Reinigungskräfte auf der Intensivpflegestation.
Eigentlich sind die Reinigungsprozesse standardisiert. Jedes Medizinalgerät wird von Spitaltechnikern in regelmässigen Zeitabständen gewartet, unabhängig davon, ob gerade eine pandemische Lage vorliegt oder sonst ein besonders virulenter Keim kursiert. Gleichwohl reinigt und putzt man mehr im Spital Muri seit März 2020, damit alle Hygiene-, aber auch Schutzmassnahmen in «Fleisch und Blut» übergehen.
So legt eine Reinigungsfachperson allein an normalen Tagen zwischen 20’000 und 25’000 Schritten zurück, bis sie ein Häkchen unter ihren dichten Einsatzplan setzen kann. Zwischen 14 und 15 Uhr endet eine sehr oft «knifflige» Reinigungsschicht.
Brennpunkt «Arbeitsschutz»
Damit man möglichst keinen Patienten begegnet, beginnen Frau Koutzmpi und ihre Kolleginnen den Tag oft um 5 Uhr. Während der ersten Pandemie-Welle sei die Koordination der Reinigungsequipe nicht so einfach gewesen. Die Teamleiterin musste vermeiden, dass Personal auf potentiell infizierte Patientinnen oder Patienten traf.
Es sei anfänglich nicht immer so einfach gewesen, die «Rote Zone» genau zu umreissen:
«Zuerst geht es an die Flächen im Nicht-Patientenbereich, dann kann es jedoch gleich in einem Zimmer weitergehen, wo ein Verdacht auf Corona festgestellt wurde – und schliesslich reinigen wir auch Zimmer, wo Patienten positiv auf COVID-19 getestet werden.» Das braucht nicht nur Flexibilität, sondern grosse Sorgfalt. Erst gegen 12 Uhr oder bei Schichtende können sich die Reinigungsfachleute ihrer Schutzkleidung entledigen.
Das Spitalpersonal trägt schon bei mutmasslichem Kontakt mit COVID-19 Erkrankten Schutzkleidung. Daher ist nicht nur das medizinische Personal in der «Roten Zone» gefordert die Schutzmassnahmen strikt einzuhalten, sondern auch der Reinigungsdienst ist geheissen, sich in entsprechende (Einmal-)Kleidung zu hüllen und Einwegbrillen aufzusetzen, diese nach Einsatz wieder zu entsorgen – «auch wenn wir nur für eine kurze Kontrolle das Isolationszimmer betreten», erzählt Anoixia Koutzmpi.
Anfänglich, also während der ersten Pandemiewelle, sei dieser zusätzliche Schutzaufwand doch sehr anstrengend für alle gewesen.
Mehreinsätze und Corona-Springer
«Immerhin», gesteht die geduldige Reinigungsfachfrau, «lernen wir auch ohne Arbeitsschutz-Schulungen voneinander, was es heisst, sich in der Gefahrenzone zu bewegen.»
«Schon bevor wir die ‹Rote Zone› betreten, müssen wir den ISO-genormten Putzwagen rüsten.» Dann erst, so berichten die Reinigungsspezialistinnen, beginnt die eigentliche Prozedur, indem zum Beispiel Frau Koutzmpi alleine Handschuhe, Maske, Spezial-Kittel und die manchmal vom Atem feucht werdende Schutzbrille überzieht, um vor Ort alles zu prüfen, respektive noch einmal zu reinigen.
In Bereichen, in denen die Patientinnen und Patienten, aber auch die Mitarbeitenden hohem Druck ausgesetzt sind, kann dann das eine oder andere schon liegen bleiben. Deswegen legen die Reinigungsfachkräfte jeden Tag früh los, um Türen, Geländer, Radiatoren, Griffe, Möbel, Böden, gar Lüftungen und schliesslich auch Spezialeinrichtungen sauber zu halten.
Stephanie Jezler, Teamleiterin Reinigung oder ihre Stellvertreterin Anoixia Koutzmpi gehen dann nochmals vor Ort, um noch einmal genau die Flächen zu kontrollieren, auf denen eine infektiöse Patientin oder ein infektiöser Patient einquartiert, respektive hinbegleitet wurde. Jede Abteilung hat für jede Oberfläche und jedes Gerät einen Desinfektions- und Hygieneplan, ebenso wichtig sei jedoch ein geschulter Kontrollblick, erklärt Anoixia Koutzmpi.
Die verwendeten Reinigungsmittel in sensiblen Bereichen sind seit dem Jahr 2020 konzentrierter. In Isolationsbereichen werden Hochdosierungen (vor allem mit Kohrsolin und Incidin) angewendet, allerdings nur aufgrund der zusätzlichen Schichten und Touren von Anoixia Koutzmpi und ihren 25 Kolleginnen, darunter auch Springerinnen, erstrahlt das Spital Muri täglich von Neuem.