«Spät abends haben wir noch Trennwände gezimmert»
Ohne die Technikspezialisten läuft im Spital Muri kaum etwas. Allerdings, speziell in der Pandemie hiess es für sie: adaptieren, organisieren, improvisieren. Ein Beitrag, welche Hürden die Technik für die Erweiterung der IPS-Kapazitäten nehmen musste.
Interview mit
Urs Kammer, Leiter Medizinaltechnik
und Matthias Rey, Schreiner
Im Spital Muri besteht die Technik aus drei Säulen: Medizin, Elektro und Haustechnik. Dabei spielen 15 Technik-Mitarbeitende inkl. Lehrlinge wie ein Schweizer Uhrwerk ineinander. Die Techniker, die sonst auch Medizinische Geräte einkaufen, einrichten und prüfen, halfen bis zum 16. März 2020 die Notfallpraxis zu zügeln, das Testzentrum des Spitals Muri einzurichten und schliesslich in eine für alle ersichtliche «Grüne Zone» und in eine «Rote Zone» einzuteilen.
Wie produziert man über Nacht isolierte Bereiche? Urs Kammer, Leiter Medizintechnik, erinnert sich: «Also für uns war es schon suboptimal, dass uns offizielle Entscheide manchmal erst am Freitagnachmittag erreichten. Aufgrund dessen, dass wir in der Technik gut aufeinander eingespielt sind, konnten wir schliesslich alles meistern. Bei uns ist es so, dass immer alle am gleichen Strick ziehen. Es würde mich erstaunen, sollte ein Kollege einmal ausbleiben, wenn es darauf ankommt.»
Trotz schwierigen Umständen gelang es Urs Kammer und Co. Zonen wie den COVID-Bereich auf der Intensivpflegestation einzurichten. «Glücklicherweise hatte zum Beispiel die Schreinerei viel Holz auf Lager und zudem verfügte man bereits über Plexiglas und Stromkabel. Ebenso befand sich viel Mobiliar im Zivilschutzraum, woher auch einzelne Tische und Schränke zum Beispiel für den Krisenstab geholt werden konnten», sagt der Techniker. Das Spital «bunkerte» bereits etliche Liegen oder Stühle, um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein.
Gleichwohl war die Abteilung Technik im Jahr 2020 vielseitig gefordert. Besonders im März, wo man quasi über Nacht eine Corona-Abklärungsstation einrichten musste: «Am Freitagnachmittag erhielten wir den Auftrag, bis Montagmorgen 6 Uhr eine komplette Station einzurichten». Bereits vor Mitternacht erreichten die erfahrenen Techniker ihr Ziel. Trotzdem galt es Hürden wie Lieferengpässe zu überwinden.
«Koste es, was es wolle»
Urs Kammer, Leiter Medizintechnik im Spital Muri, freut sich normalerweise über die sichere Überwachung und störungsfreie Spitalinfrastruktur. Er kontrolliert sonst gemeinsam mit zwei Kollegen um die 3000 medizintechnischen Geräte, darunter etwa Medikamentenkühlschränke in Echtzeit.
«Ich fühlte mich anfänglich schon wie in zwei Welten. Hier im Spital stülpten wir uns ständig Handschuhe und Masken über, um uns vor dem neuen Erreger, aber auch vor Schmutz und Schweiss zu schützen, doch nach Feierabend begegnete ich dann wieder einer unbedarften und ungeschützten Bevölkerung. Dann erhielten wir den Auftrag, Beatmungsplätze einzurichten. Das stimmte mich schon etwas mulmig.»
Glücklicherweise fand eine erste Triage der Patienten vor dem Spital durch den Zivilschutz statt. So konnten die Spitaltechniker die «Rote Zone» noch ohne aufgenommene COVID-19-Patientinnen und -Patienten zu Ende einrichten.
Bis zum Frühling 2020 verfügte man im Spital Muri über drei Beatmungsgeräte. «Der Bund genehmigte uns ein zusätzliches Gerät, nur ist damit ein IPS-Zimmer noch lange nicht realisiert», erklärt Urs Kammer. Der Techniker, der sich mit der Beschaffung von neuen Geräten auskennt, musste plötzlich viel mehr Einzelchargen, zum Beispiel Abzugsfilter oder Spritzenpumpen für die IPS organisieren. Diese waren bald schweizweit vergriffen.
Selbst einfachere Geräte wie Stirnthermometer oder Fiebermesser musste das Spital – «koste es, was es wolle», kurzerhand bestellen.
Teilweise war es für Urs Kammer schwierig an Geräte für den Bereich der IPS für COVID-19-Patienten zu gelangen, weil Einzelstücke in kürzester Zeit nicht geliefert werden konnten oder weil spezielle Anbieter zum Beispiel von Beatmungsgeräten sich kaum vor Anfragen retten konnten. Die medizinischen Produkte verkauften sich schnell und wurden landesweit gesucht.
Sicherheit in jeder Saison
Weil das Spital Muri ausgewiesene Spezialisten und Handwerker selber «im Haus» angestellt hat, konnte man glücklicherweise in extremen Phasen der Pandemiebewältigung auf Personal wie den Schreiner Matthias Rey zurückgreifen.
Rey, der im Spital auch Lehrlinge ausbildet, schreinert seit gut fünf Jahren nicht nur Türen und Schränke für einzelne Abteilungen. Er löst auch logistische Probleme und schafft Einrichtungen, die qualitativ sicher und trotzdem wieder demontierbar sein müssen.
Für die Coronavirus-Abklärung und den Bereich der IPS für COVID-19-Patienten baute er an einem Freitagabend die Schleusen und wichtigen Schutztrennwände ein. Hierbei nagelte der Schreiner Wände für Wände, die jede 100-Meterstrecke abdichten könnten. Seine Arbeit schützt nicht nur die Mitarbeitenden und die Patientinnen und Patienten in der Coronavirus-Abklärung, sie schützt auch pflegerische und ärztliche Mitarbeitende in der IPS.
Nicht nur in Extremzeiten, auch sonst fällt jeder Tag für die Abteilung Technik anders aus. Was beschäftigt die Techniker seit dem Ausbruch der Pandemie am meisten? «Mir ist es wichtig, dass wir auf die sonstige Infrastruktur Rücksicht nehmen können. Auch müssen wir uns stets der Situation anpassen. Im Sommer gestalten sich die Bedingungen anders als im Winter, etwa wie eine Schleusentüre gesichert sein muss», meint Matthias Rey.
Urs Kammer: «Wir waren schon froh, dass wir viel Material vor Ort hatten, was uns ein rasches Handeln ermöglichte. Allerdings ist es für uns nicht so einfach, in einer Pandemie mit einer Schutzausrüstung zu arbeiten. Teilweise werden noch heute Bereiche der ‹Roten Zone› vergrössert oder verkleinert, je nach aktueller COVID-Situation. Nichtsdestotrotz hoffen wir auf eine baldige Rückkehr zur Normalität.»